"You are an ironman": Auf diesen einen Satz hat Wibke Göttken gewartet. Während sie beinahe vier Kilometer geschwommen ist, gut 180 Kilometer auf dem Rad gesessen hat, den Marathon gelaufen ist und das Ziel immer näher rückte. "Der Zieleinlauf auf Hawaii ist ziemlich lang und es standen viele Menschen da. Ich hatte pure Glücksgefühle, die Stimmung war irre", beschreibt Wibke die letzten Meter des extrem harten Wettkampfes, den sie kürzlich überstanden hat. Es war bereits dunkel, als sie die Ziellinie erreichte, gestartet war sie am Morgen um 7.20 Uhr. Und dann endlich hörte sie diesen einen Satz, den ein Ansager durchs Mikrofon spricht, wenn ein weiterer Sportler ankommt: "You are an ironman".
Für Wibke war an diesem Tag nur eine Sache wichtig: Den Wettkampf auf jeden Fall zu beenden, ganz gleich, wie. Dass sie es letztlich in einer so starken Zeit von 11 Stunden und 26 Minuten schaffen würde, damit hätte sie nicht gerechnet. 1:22 Stunde brauchte sie im Wasser, 5:47 Stunden auf dem Rad und 4:03 Stunden für den Marathon. "Ich wäre beim Laufen gerne unter vier Stunden geblieben", sagt sie. Letztlich sei es aber entscheidend gewesen, sich an jeder Verpflegungsstation Zeit zu nehmen, um sich etwas runterzukühlen und ausreichend zu trinken. "Am Anfang hatte ich noch gar kein Tempogefühl und nach dem Wechsel vom Radfahren zum Laufen wirkte alles noch mal etwas wärmer", schildert Wibke außerdem. Vor allem im Wechselzelt sei einem die Hitze entgegengeschlagen, die Helfer des Wettkampfes hätten sich aber sehr gut um jede Sportlerin gekümmert. "Es war dann das A und O, langsam loszulaufen", betont unsere Triathletin.
Springen wir aber zunächst zurück an den Anfang dieses Wettkampftages. Beim Triathlon geht es immer zuerst ins Wasser, beim Ironman auf Hawaii erfolgte der Start gestaffelt. Das heißt: Alle zehn Minuten ging eine weitere Gruppe Sportlerinnen in den Pazifik. "Ich war in meiner Altersgruppe 45-49 bei der letzten Startwelle dabei, das ist natürlich nicht unbedingt das, was man sich wünscht", erklärt Wibke. Erst musste sie also warten, bis sie an der Reihe war, anschließend galt es, rund 200 Meter bis zum eigentlich Start zu schwimmen: "Am Anfang war alles etwas hektisch. Es gab Probleme damit, alle Sportlerinnen rechtzeitig an den Start zu kriegen." Irgendwann aber ging es auch für Göttkens Gruppe los, es habe nur leichten Wellengang gehabt, und letztlich war sie mit der ersten der drei zu überstehenden Etappen sehr zufrieden.
Anschließend ging es aufs Rad. 180 Kilometer lagen vor der gebürtigen Emsländerin. "Die Radstrecke war beeindruckend. Erst ging es durch den Ort Kona und anschließend auf den Highway. 90 Kilometer hin und dann wieder zurück", so Göttken. Das Gemeine daran: Das Ende der ersten Hälfte könne man schon am Anfang erkennen. Und noch etwas gemeiner: Die rund 1.300 Höhenmeter der Strecke seien mit bloßem Auge kaum wahrzunehmen, vielmehr spüre man erst am sinkenden Tempo, dass es aufwärts geht. Hinzu kommen der Wind auf Hawaii, Temperaturen um die 30 Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit, die die Sache nicht gerade einfacher machen.
Diese schwüle Luft muss man erst mal verpacken. Das kann man in Deutschland nicht trainieren", so Göttken, die bereits zehn Tage vor dem Wettkampf mit ihrem Mann nach Hawaii gereist war und sich bei zwei Radeinheiten im Vorfeld an die neuen Bedingungen zu gewöhnen versuchte. Im Hinblick darauf, dass Göttken wohl nur dieses eine Mal die Chance auf den Ironman auf Hawaii hatte, war die Angst vor einem technischen Defekt am Fahrrad groß. "Ich hatte doppeltes Equipment dabei und vorher noch nie so oft geübt, einen Reifen zu wechseln", erzählt sie schmunzelnd.
Nach starken 5 Stunden und 47 Minuten, schneller als von Göttken angenommen, wechselte sie zum Laufen und damit zu der Disziplin, die sie von allen am liebsten mag. Gehen musste sie kein einziges Mal, obwohl sie bei den Kilometern 22 bis 30 "einen Hänger" gehabt hat. Wibke erzählt vom so genannten Energy Lab und damit dem anstrengendsten Teil des Marathons, weil es auf dieser Passage noch etwas heißer ist und man ziemlich mit sich alleine kämpft. Umso schöner war es, dass Göttkens Mann an dieser Stelle zur Unterstützung da war. "Die letzten zwölf Kilometer konnte ich dann noch mal schneller laufen. Es pusht, zu wissen, dass man es bald geschafft hat." Für die Anstrengung belohnt wurde Wibke währenddessen auch mit dem Blick aufs Meer und den Sonnenuntergang.
Ungebrochen war ihre Freude im Ziel, in dem sie gleich zwei Helfer an die Seite gestellt bekommen hat. "Das Besondere ist, die Freude mit den anderen Sportlerinnen zu teilen", schwärmt Wibke. Am nächsten Tag seien bei einer groß angelegten Veranstaltung noch mal alle Teilnehmerinnen zusammengekommen. "Die Euphorie hält eine Weile an und am nächsten Tag kam dann auch der Hunger", erzählt Göttken und lacht. Muskulär sei sie gar nicht besonders ermüdet gewesen, geschmerzt hätten eher die Druckstellen und Blasen an den Füßen, die sich nach einem Marathon in nassen Schuhen schlicht nicht vermeiden ließen.